Elektronische Patientenakte

Im Sommer hat der Bundestag das Gesetz zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematikinfrastruktur, besser bekannt als Patientendatenschutzgesetz (PDSG), beschlossen. Inzwischen hat auch der Bundesrat das PDSG passieren lassen. Wir befinden uns damit auf der Zielgeraden eines langen, teilweise mühsamen und um so wichtigeren Weges hin zu einem digitalisierten Gesundheitswesen. Das PDSG ist gesetzliche Voraussetzung für die elektronische Patientenakte (ePA). Doch damit allein ist es nicht getan.

Potentiale bleiben ungenutzt

Im Vergleich zu vielen europäischen Nachbarn sind wir spät dran. Nach wie vor wird hierzulande eine Unmenge an Daten wie Befunde, Röntgenbilder oder Arztbriefe analog und dezentral gespeichert. Das ist in vielerlei Hinsicht ineffizient und kostet, um es drastisch auszudrücken: Menschenleben. Selbstverständlich dürfen digitale Anwendungen keine Einfallstore für Datendiebstahl bieten, was technisch kein Problem darstellt. Selbstverständlich müssen die im Vergleich zum nicht-europäischen Ausland hohen Datenschutzstandards eingehalten werden, was technisch ebenfalls kein unlösbares Problem darstellt. Dennoch, hier muss noch nachjustiert werden. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Ulrich Kelber, weist zu Recht auf die mangelnde Feingranularität hin. Es ist schwer vermittelbar, wieso ein Patient den Befund seiner Psychologin auch seinem Zahnarzt zur Verfügung stellen soll. Mit dem Hinweis, dass die ePA ja freiwillig genutzt werden kann, macht es sich Bundesgesundheitsminister Spahn zu einfach.

Digitale Daten sind nicht Fluch, sondern Segen

Aber wir müssen auch einen Mentalitätswandel vollziehen. Nach wie vor herrscht in Deutschland ein weitverbreiteter Skeptizismus bezüglich jeglichen technologischen Fortschritts vor. Das betrifft in besonderem Maße auch die elektronische Patientenakte. Bundesgesundheitsminister Spahn legt großen Wert auf Freiwilligkeit, und das ist auch gut so. Wenn es aber nicht gelingt, den breiten Bevölkerungsschichten die Vorteile – und die sind enorm – zu vermitteln, bedeutet Freiwilligkeit auch gleich Irrelevanz. Das kann man sehr gut an der Akzeptanz des Organspendeausweises beobachten. Mit einer elektronischen Patientenakte schaffen wir einen echten Mehrwert für jeden einzelnen Patienten. Dieser muss das aber auch nachvollziehen und wertschätzen. Während Patienten in Dänemark die Sorge umtreibt, ob der gerade behandelnde Arzt auch auf sämtliche relevanten Daten zugreifen kann, um einen möglichst umfassenden Befund abzuliefern, plagt Patienten hierzulande oft die Sorge nach dem Datendiebstahl. 

Daten teilen – besser heilen

Dass diese Skepsis mit praktischen Lösungen und einer breiten öffentlichen Auseinandersetzung aufgelöst werden kann, zeigt die Corona-Warn-App. Ja, auch hier haben wir im Vergleich zu anderen ein wenig länger gebraucht. Dennoch: Die knapp 20 Millionen Downloads zeigen, die Menschen stehen digitalen Lösungen nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber – im Gegenteil. Wir nutzen völlig zu Recht in vielen Lebensbereichen digitale Unterstützung. Unser Alltag ist mit Messengerdiensten, Sprachassistenten, vernetzten Fahrzeugen und vielem mehr längst in einem hohen Maße digitalisiert. Um so wichtiger ist deshalb die Digitalisierung im Gesundheitswesen. Die ePA nimmt hier eine ganz wichtige Rolle ein. Der Zugriff auf oftmals überlebenswichtige Daten ist entscheidend. Der Spruch „Daten teilen – besser heilen“ passte noch nie so gut wie hier und jetzt.

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